Ragnar Jónasson: Blindes Eis | Rezension

Ein altes Rätsel und eine Fotografie.

Ein Foto wirft für den Polizisten Ari Rätsel auf. Es zeigt zwei Ehepaare, die in den 1950er-Jahren mutterseelenallein auf einem abgeschiedenen Bauernhof lebten. Doch sie sind nicht allein. Bei ihnen steht ein Junge, von dem niemand weiß, wer er ist. Und von dem niemand je gesprochen hat.

Was machte er dort draußen in einer Zeit, in der die beiden Paare allein hätten sein sollen? Und wer war er?

Eine Frage, die umso wichtiger erscheint, als es sich bei den beiden Ehepaaren um einen Cold Case handelt. Eine der beiden Frauen starb und die Umstände konnten nie ganz geklärt werden. Ari ist entschlossen diese Frage zu klären – vor allem für Hédinn, das Kind des einen Ehepaares, das heute selbst nicht mehr jung ist.

»Hoffentlich tat er das Richtige – Sunna nichts von den Pfützen auf dem Boden zu erzählen, von den nassen Schuhabdrücken, die der Eindringling im Haus hinterlassen hatte. Am schlimmsten aber war, dass die Spuren an der Verandatür nicht endeten, sondern bis zu ihrer Schlafzimmertür führten.«

Doch die Frage nach dem unbekannten Jungen ist nicht das einzige Rätsel, das der Polizist Ari in ›Blindes Eis‹ lösen will – bis ein Kind verschwindet.

Blindes Eis‹ erzählt gleichzeitig von zwei Geschichten. Bei einer überschlagen sich die Ereignisse in der Gegenwart, die andere reicht Jahrzehnte zurück. Doch reichen ihre Schatten noch bis heute.

»›Und wer ist die fünfte Person?‹, fragte Ari Þór innerlich schaudernd. Er dachte an alte Geschichten von Geistern, die auf Fotos erschienen. Wollte Hédinn auf so etwas hinaus?«

Durch das alte Rätsel um das Foto hat ›Blindes Eis‹ eine Art mysteriöses Element, dem fast etwas Schauerliches, Geisterhaftes anhaftet. Tiefer und tiefer wagt sich Ari in Hédinns Familiengeschichte vor, bis er auch jene Seiten enthüllt hat, die vielleicht besser im Verborgenen geblieben wären.

Leider hat die Dark-Iceland-Reihe auch mit dem dritten Band, ›Blindes Eis‹, für mich noch nicht die Qualität der Hulda-Trilogie – ›Dunkel‹,›Insel‹ und ›Nebel‹ – des Autors erreicht. Vor allem, da Ari für mich bei weitem nicht so sympathisch ist, wie es Hulda war. Ari will für mich nie so recht zur Atmosphäre der Bücher passen. Dennoch werde ich bei der Reihe dran bleiben – ich will keine Chance auf eine gute Geschichte bei diesem Autor verpassen.

»Der unbekannte Teenager stand neben ihr. Er hatte nichts Ungewöhnliches an sich, doch aufgrund von Hédinns Geschichte konnte Ari Þór nicht umhin, ihn als bedrohlich zu empfinden. Auf dem Foto wirkte er wie ein Junge am falschen Ort zur falschen Zeit; ein unwillkommener Gast.«

Fazit zu ›Blindes Eis

Blindes Eis‹ vereint die Recherchen um einen fast ein ganzes Menschenleben zurückliegenden Fall mit einem aktuellen. Jede Menge ungeklärter Fragen, dunkler Familiengeheimnisse und kalter Winternächte warten im dritten Band der Dark-Iceland-Reihe von Jónasson.

Buchinfo

Ragnar Jónasson:
Blindes Eis

Dark-Iceland-Reihe, Band 3
Originaltitel: RÓF (Verlag: Bjartur Veröld)
Thriller
Aus dem Englischen von Helga Augustin
btb, München 2022
352 S., EUR (D) 12,- inkl. MwSt.
Taschenbuch
ISBN 978-3-442-77216-2

Das hier dargestellte Cover und die angegebene Ausgabe können von den derzeit erhältlichen Ausgaben abweichen.


Bewertung: 3.5 von 5.

Werke des Autors (Auswahl)

Dark-Iceland-Reihe
1. Schneeblind
2. Todesnacht
3. Blindes Eis
4. Totenklippe

Die Hulda-Helgi-Serie
Frost

HULDA-Trilogie
1. Dunkel
2. Insel
3. Nebel



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