Victor Hugo: Les Misérables | Rezension

Von Verbrechen, Gesetzen und Menschen.

Ein Mann wird zu einer Strafe von vier Jahren verurteilt, weil er Brot geklaut hat und dabei eine Scheibe eingeschlagen hat. Das Leben als Galeerensträfling ist hart – mehrmals versucht der Mann namens Jean Valjean in ›Les Misérables‹ zu fliehen und wird erwischt. Aus den vier Jahren wird eine Haftstrafe von insgesamt 19 Jahren.

Doch auch nachdem Valjean seine Strafe verbüßt hat, ist er kein freier Mann.

Er muss sich an jedem Ort melden, an den er kommt. Seine Papiere brandmarken ihn als gefährlichen Ex-Sträfling. Trotz des Geldes, das er mühsam auf den Galeeren gespart hat, findet er keine Unterkunft und niemand, der ihm etwas zu Essen verkaufen möchte. Erst als er an das Haus des Bischofs Myriel von Digne gelangt, den Valjean durch seine sparsame Lebensweise nicht als solchen erkennt, bekommt er Essen und einen Schlafplatz. Doch Jean Valjean weiß, dass er wieder in die Welt hinaus muss und beschließt, das wenige Silber im Haus des Bischofs zu stehlen.

Valjean, der sein Glück mittlerweile kennen müsste, wenn er versuchte, eine Straftat zu begehen, wird erwischt und wieder in das Haus des Bischofs gebracht. Doch Myriel von Digne reagiert auf Valjeans Diebstahl auf eine Art, die Valjeans gesamtes Leben verändern wird.

»Gegen die Frauen und gegen die Armen, auf denen das Unrecht der Gesellschaft am schwersten lastete, war er stets nachsichtig. ›Die Sünden der Frauen, der Kinder, der Bedienten, der Schwachen, der Elenden und der Unwissenden‹, sagte er, ›sind immer die Schuld der Männer, der Eltern, der Brotgeber, der Starken, Reichen und Wissenden.‹«

Jean Valjean ist einer von jenen, nach denen dieser Roman benannt ist: ›Les Misérables‹ – ›Die Elenden‹. Menschen, die nicht das Glück haben, in ein wohlhabendes Haus geboren zu sein, sondern mit den erdenklich schlechtesten Startbedingungen auf diese Welt kommen, die keine sichere ist. Jean Valjean ist in diesem Strudel, der ihn weiter hinab reißt. Er stahl Brot, wurde zum Sträfling und damit zu einem von der Gesellschaft ausgeschlossenen. Als ein solcher stiehlt er nicht mehr nur Brot, sondern Silber.

»Wenn die Seele in Dunkelheit schmachtet, ist sie der Sünde zugänglich. Nicht der ist schuldig, der die Sünde begeht, sondern der die Finsternis erzeugt hat.«

Ähnlich ergeht es den anderen Figuren in Victor Hugos Roman ›Les Misérables‹. Der jungen und schönen Fantine, der frechen und mutigen Eponine, dem kleinen Gavroche. Victor Hugo gelingt es, eine Welt um diese zu erschaffen, die berührt und in der ›die Elenden‹ in all ihrer Menschlichkeit sichtbar werden. Er zeigt sie verstrickt in ihre sozialen Umstände, die sie einengen und denen sie immer wieder bereit sind, etwas Leben abzutrotzen.

Die Zeit, in der der Roman ›Les Misérables‹ ist eine, in der sich ein Umbruch ankündigen will. 1815 setzen die Geschehnisse ein und begleiten die Figuren bis 1832.

»Es war schwer, sich einen herabgekommeneren Menschen als diesen vorzustellen. Er war von mittlerem Wuchse, stämmig, und bei Kräften. Sein Alter hätte man mit sechsundvierzig oder achtundvierzig Jahren angeben können.«

Fazit zu ›Les Misérables

Obwohl mehr als eineinhalb Jahrhunderte vergangen sind, seitdem Hugo diesen Roman veröffentlicht hat, sind die Kämpfe der Protagonisten nicht verstaubt. Er lädt den Leser ein, diese ›Elenden‹ bei dem Versuch zu begleiten, über sich hinauszuwachsen, in einer Zeit, die von Hunger und Armut geprägt war. Eine definitive Leseempfehlung! Mehr zu Klassikern findet sich in meinem Post ›Klassiker, die mich wirklich überrascht haben‹.

Buchinfo

Victor Hugo:
Les Misérables / Die Elenden
(1862)
Übersetzer/in Edmund Th. Kaur
Aufbau Taschenbuch, Berlin 2000
608 S., EUR (D) 14,00 inkl. MwSt.
Roman, Broschur
ISBN 978-3-7466-1700-8

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Bewertung: 5 von 5.


5 Antworten zu „Victor Hugo: Les Misérables | Rezension”.

  1. Ein Klassiker… 👍

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  2. Danke für die schöne Rezension 😊 betrifft die Rezi das gesamte Werk? Ich habe letztens alle drei Bücher im Tauschregal gefunden und freue mich auch schon darauf, sie zu lesen!
    Liebe Grüße
    Jacqui

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    1. Liebe Jacqui,
      gerne doch, ich bin sehr froh, dass sie dir gefallen hat. 🙂
      Die Rezension bezieht sich auf das gesamte Buch „Les Misérables“. Ich habe mich nach deinem Kommentar auch versucht, schlau zu machen, denn meine Version enthielt die komplette Geschichte in einem Buch von über 600 Seiten. Das Buch ist jedoch in mehrere Großkapitel aufgeteilt „Fantine“, „Jean Valjean“ usw., deswegen kann ich mir durchaus vorstellen, dass es Ausgaben gibt, die die Geschichte aufgeteilt haben. Vor allem, wenn es auch einen Anmerkungsapparat enthält. Wie ist deine dreibändige Ausgabe denn aufgeteilt?
      Ich bin gespannt, wie du es findest.
      Liebe Grüße
      Libertine

      Gefällt 1 Person

      1. Vielen Dank für die Antwort und die Recherche dazu! Ja, das kann natürlich sein, dass es für die „Handhabung“ der vielen Seiten in bestimmten Ausgaben getrennt herausgegeben wurde. Da die Ausgaben gerade leider bei meinen Eltern liegen und ich sie wohl erst in den nächsten Wochen irgendwann wieder besuchen kann, kann ich gerade gar nicht sagen, wie die Bücher aufgeteilt sind. Ich schaue dann demnächst aber gerne nach 🙂

        Liebe Grüße
        Jacqui

        Gefällt 1 Person

      2. Kein Problem, sehr gerne 🙂 Ich finde es ja selbst super spannend, was für Ausgaben es gibt und ob es da vielleicht noch mehr zu einer Geschichte geben könnte, die mir super gefallen hat 🙂 Bei Klassikern gibt es oft eine riesige Bandbreite an möglichen Ausgaben.
        Super, vielen Dank, ich bin gespannt.

        Liebe Grüße
        Libertine

        Gefällt 1 Person

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