Von Traumata und Träumen.
Das Leben, das Sarai und die anderen vier überlebenden Kinder der toten Götter in der Zitadelle führen, befindet sich in ›Strange the Dreamer 2‹ in Auflösung.
Während sich Lazlo Strange noch im ersten Band von ›Strange the Dreamer‹ nichts sehnlicher wünscht, als endlich nach Weep zu gelangen und die Mysterien der Stadt zu ergründen, werden diese bald zu seiner Welt.
Denn während Lazlo nach Weep gelangen möchte, müssen die fünf überlebenden Götterkinder, die in der Zitadelle über der Stadt leben, befürchten, entdeckt und umgebracht zu werden.
In Lazlos Träumen kommen die Muse der Albträume, Sarai, und der Träumer sich bald näher. Doch während sie bei Lazlo auf Offenheit, Verständnis und Wohlwollen trifft, zeigen sich nicht alle Menschen so freundlich. Auch die Empathie und das Verständnis, die Sarai den Menschen entgegenbringen kann, wird nicht von allen Kindern der Götter geteilt.
Und so finden sich Sarai und Lazlo in ›Strange the Dreamer 2‹ bald in einem Strudel aus Ereignissen wieder, in dem es um mehr geht, als Abenteuergeschichten und Wunderglauben. Die Menschen von Weep, die die Götterherrschaft überlebten, sind ebenso tief traumatisiert wie die Kinder der Götter, die das Massaker überlebten, das ihre Eltern tötete.
»Noch immer hörte sie die Schreie, die auf entsetzliche, blutige Art nacheinander verstummten. Sie würde immer dort sein, und ihre Arme würden für die Kinder nie ausreichen, genau wie an jenem Tag.«
Dabei schafft es Laini Taylor ein Spannungsfeld zu erschaffen, das sie zwischen die beiden Gräueln spannt, jenen der Götter und jenen der Menschen. Gräuel, mit deren Nachwirkungen noch immer eine ganze Stadt zu kämpfen hat, in der die Erinnerung, der Hass und der Schmerz tief sitzen.
Die Menschen und Götterkinder in ›Strange the Dreamer 2‹ sind Überlebende, sie waren bis auf wenige Ausnahmen, nicht an den Taten gegen die jeweils anderen beteiligt. Die Menschen litten lange unter der Götterherrschaft und waren tagtäglich ihrer Gewalt ausgesetzt. Die fünf überlebenden Götterkinder litten entweder direkt unter dem Massaker, das die Götterherrschaft beendete, oder unter seinen Nachwirkungen, da sie allein und mit vielen Entbehrungen aufwachsen mussten.
»Doch es gab kein Entkommen vor den Taten der Vergangenheit. Weder vor den Gräueln der Götter, noch denen der Menschen.«
Die Wunden auf beiden Seiten sitzen tief und sind alt. Und inmitten dieser Traumata, Ängste und Nöte versuchen der unbedarfte Bibliothekar Lazlo und die Muse der Albträume Sarai eine Antwort auf das Geschehen zu finden, die nicht noch mehr Hass, Tod und neue Traumata bringt.
Damit greift Laini Taylor im Gewand eines Jugendbuches und der Fantastik existentielle Themen des Menschseins auf, balanciert fein zwischen absoluten Gut- oder Böse-Kategorisierungen und erschafft vor den Schrecken der Vergangenheit mit Lazlo und Sarai einen Helden und eine Heldin, die ans Herz gehen.

Fazit zu ›Strange the Dreamer 2‹
Langeweile kommt beim Lesen von ›Strange the Dreamer 2‹ nicht auf: Offene Fragen, unterschiedlichste Charaktere und eine besondere Erzähltiefe erfüllen den Roman. So gelingt es ›Strange the Dreamer 2‹ nicht nur, an die Qualität des Vorgängerbandes ›Strange the Dreamer‹ 1 anzuknüpfen, sondern, sie sogar noch zu übertreffen. Die beiden Folgebände ›Muse of Nightmares‹ Band 1 und Band 2 werden also auf jeden Fall auf meinem Lesestapel landen.
Buchinfo

Laini Taylor:
Strange the Dreamer
Ein Traum von Liebe
Buch 2
Übersetzt von Ulrike Raimer-Nolte
One, Köln 2019
382 S., EUR (D) 15,- inkl. MwSt.
Roman, Hardcover
Erzählendes für junge Erwachsene
Altersempfehlung: ab 14 Jahren
ISBN 978-3-8466-0086-3
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Werke der Autorin (Auswahl)
Strange the Dreamer/Muse of Nightmares-Reihe
1. Strange the Dreamer – Der Junge der träumte
2. Strange the Dreamer – Ein Traum von Liebe
3. Muse of Nightmares – Das Geheimnis des Träumers
4. Muse of Nightmares – Das Erwachen der Träumerin
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