Katharina Hagena: Vom Schlafen und Verschwinden | Rezension

Über Verborgenes und Erinnertes.

Eine Frau, deren Leben mit drei Städten verwoben ist: Dublin, Grund und Hamburg. Ellen ist von Beruf Somnologin, arbeitet in einem Schlaflabor und schreibt an einer Kulturgeschichte des Schlafes.

Katharina Hagenas Roman ›Vom Schlafen und Verschwinden‹ gibt gefühlvoll Einblick in das Leben von drei Generationen: Heidrun, die im Koma liegend verhungert, während ihre Tochter Ellen immer schlechter schläft und ihre Enkelin Orla lieber nachts unterwegs ist, als zu schlafen.

Doch nicht nur der Schlaf verwebt die Geschichten der Charaktere im Roman miteinander: Auch das Verschwinden zieht sich durch ihre Leben.

Während Ellen mit Orla schwanger ist, verschwindet ihr Freund Lutz. Auch die Stimme ihres besten Freundes aus Kindertagen verschwindet, und Benno, der an seiner Doktorarbeit schreibt, sucht nach Spuren eines Soldaten namens Hugo Schwindt.

Während der Roman seltsam schlaftrunken und konturlos beginnt, Figuren und Handlung eher schemenhaft als klar umrissen sind, entfaltet sich die Geschichte, nimmt feste Züge an und bietet am Ende Antworten auf vieles zunächst bewusst im Unklaren gehaltenes.

Katharina Hagena gelingt es auf fast 300 Seiten Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Figuren miteinander zu verstricken. Auch die Erzählperspektive wechselt: So wird der Lesen zum einen mit den Gedanken und Erinnerungen von Ellen vertraut, zum anderen durch Einträge in ein Chorbuch mit Marthe, der Mutter von Lutz, dessen Verschwinden sie auch nach Jahren nicht loslässt und sichtbare Spuren auf ihr hinterlassen hat.

»Ich frage mich, was gewesen wäre, wenn Lutz kein Knabe gewesen wäre. Hätte ich ihn dann noch? Töchter bleiben näher an den Eltern.«

Die Atmosphäre des Romans ist sehr dicht. Die Figuren verbergen spürbar Geheimnisse, voreinander und vor dem Leser. Angereichert mit unterschiedlichen Wissenshäppchen über das Schlafen: von den Philosophen der Antike bis hin zu den Annahmen der modernen Wissenschaft.

Katharinas Hagenas Roman ›Vom Schlafen und Verschwinden‹ ist leise. Die darin erzählte Geschichte drängt sich nicht auf, sondern will nach und nach freigelegt werden. Eingebettet in Besonderheiten des Alltäglichen und Gewöhnlichen.

»In dem Spätsommer, als Heidrun ins Koma fiel, fuhr ich fast jeden Abend an den Hafen, weiter an den Baggersee, einmal um den See herum und durch die Maisfelder nach Hause.«

Fazit zu ›Vom Schlafen und Verschwinden

Vom Schlafen und Verschwinden‹ empfiehlt sich für all jene Leser, die gerne in Familiengeschichten stöbern, die sich durch die Verflechtung von Personen, Generationen und Orten spinnen und in klarer, doch poetischer Sprache erzählt werden.

Buchinfo

Katharina Hagena:
Vom Schlafen und Verschwinden
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2012
288 S., EUR (D) 18,99 inkl. Mwst.
Roman
gebunden mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-462-04482-9

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Das hier dargestellte Cover und die angegebene Ausgabe können von den derzeit erhältlichen Ausgaben abweichen.


Bewertung: 4 von 5.


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