Die Sünden der Vergangenheit.
Der Ort Güllen, in dem Alfred Ill lebt, ist wirtschaftlich am Ende. Doch die Bewohner sind überzeugt, dass finanzielle Hilfe von Alfreds Ex-Freundin, die in ihren jungen Jahren ebenfalls im Ort gelebt hat, ausreichen würde, um wieder in Schwung zu kommen.
Und klingt es dabei nicht nach einer guten Idee, dass Alfred seine ehemalige Verbundenheit zu Claire nutzt – immerhin ist die Trennung lange her –, um die Möglichkeit auf das Geld zu steigern?
»Vom Städtchen her der Bürgermeister, der Lehrer, der Pfarrer und Ill, ein Mann von fast fünfundsechzig Jahren, alle schäbig gekleidet.«
Bei ihren Plänen scheinen die Damen und Herren von Güllen jedoch nicht bedacht zu haben, dass die nun reiche Claire Zachanassian ihren Geburtsort damals nicht ohne Grund verlassen hat.
Und währen die Bewohner von Güllen sich durch Claire finanzielle Mittel erhoffen, hat Claire eigene Vorstellungen davon, wie der Ort wieder blühen könnte. Die Bewohner von Güllen müssen sich in ›Der Besuch der alten Dame‹ der Entscheidung stellen, wie weit sie bereit sind zu gehen.
»Du wolltest, daß die Zeit aufgehoben würde, eben, im Wald unserer Jugend, voll von Vergänglichkeit. Nun habe ich sie aufgehoben, und nun will ich Gerechtigkeit, Gerechtigkeit für eine Milliarde.«
Während die Lösung für Güllen zu Beginn des Dramas ›Der Besuch der alten Dame‹ auf der Hand zu liegen scheint, wird bald deutlich, dass der Ort nicht nur wirtschaftliche Probleme hat. Dürrenmatt denkt seine Stücke und Geschichten strikt zu Ende. Die Wunden und die Schuld seiner Charaktere sitzen tief.
Fazit zu ›Der Besuch der alten Dame‹
Dürrenmatts Dramen zeichnen sich durch originelle Ideen, Tiefe und Kürze aus. Kaum ein Wort scheint belanglos, alles arbeitet auf den Höhepunkt zu. Auch 30 Jahre nach dem Tod des Schriftstellers überzeugen seine Stücke und sollten unbedingt gelesen werden. Mehr zu Klassikern findet sich in meinem Post ›Klassiker, die mich wirklich überrascht haben‹.
Buchinfo
Friedrich Dürrenmatt:
Der Besuch der alten Dame
Tragische Komödie
Diogenes, Zürich 1998 (1956)
160 S., EUR (D) 10,- inkl. MwSt.
Taschenbuch
ISBN 978−3−257−23045−1
Lust bekommen?
Das hier dargestellte Cover und die angegebene Ausgabe sowie die Angaben zum Buch können von den derzeit erhältlichen Ausgaben abweichen.
Dürrenmatt ist toll, auch wenn ich gestehen muss, dass ich außer „Die Physiker“ nichts von ihm gelesen habe… Muss ich definitiv ändern.
LG Eve
Oh, das ist SOOOO lange her, dass ich das Werk gelesen und im Theater gesehen habe! Ich liebe Dürrenmatt – seine Stücke sind absolut klasse und extrem aktuell! Viele Grüße, Nora
Pingback: Klassiker, die mich überrascht haben [Buchwelt] – Libertine Literatur